Wir alle haben die Arbeiten dieses Unternehmens schon gesehen, aber nur wenige von uns wissen es. Die Anzüge von James Bond ab der Ära von Pierce Brosnan, die formelle Kleidung des britischen Teams bei den letzten Olympischen Spielen sowie der englischen Mannschaft bei den letzten beiden Fußballweltmeisterschaften, die berühmten grünen Jacken für das Masters Golf Tournament in Augusta, viele Kleidungsstücke in den heiligen Boutiquen von Labels wie Burberry, Paul Smith, Chanel, Tom Ford, Hermes und Gucci – sie alle sind Zeugnisse der anspruchsvollen und über Epochen verbesserten, verfeinerten und perfektionierten Verfahren des in Huddersfield ansässigen Textilveredlers W.T. Johnson, eines 1910 gegründeten Familienunternehmens, das Perfektion sehr ernst nimmt.
„Unsere Aufgabe ist es, den Stoff unserer Kunden aufzuwerten – ihn zu reinigen, Textur, Griff und Fall zu verbessern und ihn zu stabilisieren, damit der anschließende Bekleidungshersteller ordnungsgemäß damit arbeiten kann“, erklärt Geschäftsführer Paul Johnson, der das Unternehmen zusammen mit seinem Bruder Dan in vierter Generation der Familie Johnson führt. „Wenn wir unseren Teil nicht richtig machen, kommt der Verwender zu kurz. Ein vollständig veredelter Stoff macht den Unterschied, ob ein Anzug zehn oder nur drei Jahre hält. Es gibt schnellere und billigere Möglichkeiten, unsere Arbeit zu erledigen, aber ein anspruchsvoller Kunde erkennt sehr leicht den Unterschied zwischen einem schnell und billig veredelten Stück Stoff und einem, bei dem langsam und fachgerecht gearbeitet wurde.“
Die Maschinen, mit denen W.T. Johnson seine Ansprüche in die Tat umsetzt, sind ebenso hochtechnisiert in der Funktion wie archaisch im Anblick. Die erste imposante Apparatur, der man auf einem Rundgang durch den Betrieb begegnet, ist eine Reinigungsvorrichtung, die von einem riesigen Gehäuse aus Holzbohlen umhüllt wird und an einen hölzernen Zirkuswagen erinnert. Darin werden Stoffbahnen in einer Mischung aus Naturseife und heißem Wasser gewaschen und auf Rollen ausgepresst, die aus Ekki bestehen – einem wasserbeständigen, rutschfesten afrikanischen Hartholz, das auch bei Brücken, Bohlenbelägen und im Bauwesen zum Einsatz kommt. Die Maschine, deren Prinzip den schon vor über 100 Jahren verwendeten Exemplaren entspricht, eignet sich besonders für die Wäsche feinerer Wollstoffe, da sie langsam und schonend arbeitet (jeder Stoffabschnitt wird zwei Stunden lang behandelt).
Als Nächstes folgt das Walken, bei dem der Stoff unter dampfend heißen, feuchten Bedingungen zwischen Metallplatten gequetscht und so gefilzt wird. „Der Stoff wird wärmer und dichter und die Kontraste zwischen den Farben werden abgeschwächt – deshalb entwerfen Designer ihre Muster unter Berücksichtigung der Effekte des Walkens“, erklärt der technische Leiter Alan Dolley, der vor 40 Jahren im Alter von 16 hier zu arbeiten begann. Zur Veranschaulichung hält er ein Stück Stoff hoch, dessen Schottenmuster ein wenig verschwommen aussieht, als hätte es ein impressionistischer Maler neu entworfen.
Johnson beschreibt die Veredelung als „teils Kunst, teils Wissenschaft“, wofür die Aufgabe der Bediener beim Walken ein eindrucksvolles Beispiel gibt. Unter Beachtung des spezifischen, durch Rezepte vorgegebenen Wollgehalts (die Stoffe sind immer eine Mischung aus verschiedenen Wollchargen) sowie der verschiedensten gewünschten Ergebnisse – wie etwa „leichtes Quetschen“ und „blinder Flanell“ – müssen sie genau berechnen, wie die Maschine zu programmieren ist, um im Hinblick auf Gewicht, Dichte und Abmessungen bei Berücksichtigung der Schrumpfung die passenden Resultate zu erzielen. „Wir wissen genau, welche Faser durch verschiedene Prozesse bei unterschiedlichen Einstellungen an Masse verliert“, erklärt Dolley.
Einige der beeindruckenden Gerätschaften von W.T. Johnson wurden vor Ort von hauseigenen Ingenieuren hergestellt – darunter auch die Trockenmaschinen des Unternehmens. Diese durchfeuchten den Stoff gleichmäßig, bevor das Wasser abgesogen wird. Man könnte meinen, dies sei nicht der intuitiv einleuchtende Weg, aber das erneute Durchnässen des Stoffs sorgt für eine vakuumbildende Abdichtung, durch die das Saugtrocknen effizienter und wirksamer funktioniert.
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An anderer Stelle beobachten wir chemische Prozesse, die für geruchsabweisende Eigenschaften, antibakteriellen Schutz und teflonartige Wasserfestigkeit sorgen, sowie eine Maschine, die einem riesigen, hochempfindlichen Rasenmäher ähnelt und feine Fasern von der Oberfläche durchlaufender Stoffbahnen entfernt. Dann erreichen wir das Paradestück von W.T. Johnson: zwei Ekofasts. Dabei handelt es sich um Durchlauf-Dekatiermaschinen, die hohe Temperaturen (135 Grad) und schweres Pressen in einem einzigen kontinuierlichen Vorgang vereinen, um Stabilisierung und überragenden Griff zu erzielen.
Es gibt mindestens eine namhafte Person in der Modewelt, die großen Gefallen am einzigartigen Werk des Ekofast findet. „Als sich Ralph Lauren in den 80er Jahren erstmals einen Namen machte, entschied er sich gegen das, was in der Savile Row und überall sonst verkauft wurde“, erklärt Paul Johnson. „Er wollte im Grunde etwas, das luxuriös aussieht, aber auch den Eindruck erweckt, als hätte es dem Großvater gehört und schon eine Weile auf dem Dachboden gelegen. Wir wurden ins Boot geholt und unsere Arbeit ist noch heute die typische Veredelung von Ralph Lauren Polo.“
Die beiden Maschinen, zwischen denen wir jetzt stehen – eine von ihnen kaufte Johnsons Vater Peter, seines Zeichens Ingenieur und heute Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, in den späten 70er Jahren für 300.000 Pfund, die andere wurde 10 Jahre später installiert –, sind hauptsächlich für die Anforderungen Laurens zuständig. Zudem sind sie die beiden einzigen auf der Welt. „Der Stoff, der diese Maschinen verlässt, ist das, was wir in der Branche als ‚lofty‘ bezeichnen“, erklärt Dolley. „Ralph Lauren wollte ‚Schimmer ohne Glanz‘ – das Gefühl von Kaschmir, aber den Look von Harris-Tweed. Sie kamen zu uns und fanden, wonach sie suchten.“ Die Maschinen tragen im Hinblick auf das Richten von Schussfäden außerdem zur Qualitätskontrolle bei. „Niemand sonst auf der Welt besitzt so eine Maschine. Für viele der von uns angebotenen Veredelungen ist sie absolut unverzichtbar“, fügt Johnson hinzu.
Genauso wichtig wie all diese komplexen Maschinen ist der Standort des Betriebs – vor allem wegen des Wassers. „Die ständige Versorgung mit weichem, nicht verunreinigtem Wasser hat für uns höchste Priorität“, sagt Johnson. „Wasserversorger können das nicht mehr garantieren, da sie das Wasser von überall mit Tankern herbringen und nicht in der Lage sind, eine konstante Qualität zu gewährleisten.“ Glücklicherweise kann das Unternehmen sein Wasser schon seit fast einem Jahrhundert aus einem in den 1930er Jahren angelegten Bohrloch selbst gewinnen. „Die meisten Bohrlöcher sind 300 Fuß tief – unseres dagegen 1.500 Fuß“, sagt Johnson stolz. „Der Regen fällt auf die Pennines, findet seinen Weg durch verschiedene Gesteinsschichten und hinunter in die Durchlässe. Dann wird das Wasser von uns gefördert und siehe da – es ist sehr konstant und sehr weich.“
Zwar ist es von Vorteil, im Herzen der traditionellen Wollszene von South Yorkshire angesiedelt zu sein, aber W.T. Johnson ist als Unternehmen nicht auf die Vergangenheit fixiert. Man ist stets um die Erweiterung des eigenen Repertoires bemüht und veredelt daher heutzutage auch Schals, Wickeltücher, Überwürfe und Einrichtungselemente wie Kissen, Vorhänge und Sitzbezüge. „Wir verarbeiten mittlerweile Stoffe für Hotels, Banken, Bürohäuser und Reisebusse sowie auch einige technische Stoffe – wir können sie tragbarer oder gebrauchstauglicher machen. Im Endeffekt betreiben wir maßgeschneiderten Service.“
Es handelt sich um ein stolzes Unternehmen – mit Recht: Veredler sind die stillen Helden der Wollindustrie, deren Leistungen vielleicht mit denen der allerbesten Musikproduzenten vergleichbar sind – anonyme Alchemisten, die unermüdlich unter dem Radar arbeiten, während andere den gesamten Ruhm einheimsen. Sobald man sie aber einmal mit eigenen Augen bei der Arbeit gesehen hat, kann man nicht mehr anders, als jedes Mal im Stillen anerkennend zu nicken, wenn man sein Lieblings-Wollkleidungsstück aus dem Schrank holt.