Wenn man durch Scaddans „Red Gully“ fährt, erlebt man den kontrastreichen Anblick von saftigen Weideflächen und wüstenartig erodierten Sandhügeln. Das ist die ungewöhnliche Landschaft, an der der australische Schafzüchter Dave Vandenberghe ganz bewusst arbeitet.
Die 1850 Hektar große Farm „Red Gully“ befindet sich an der südöstlichen Küste Westaustraliens, in der Nähe der Stadt Esperance. Die Wollfarm liegt gar nicht weit entfernt von den türkisblauen Wassern der Großen Australischen Bucht und gehört zu dem größeren Anwesen „Riverland“, welches 5500 Hektar hat. Diese Farm ist alles andere als die saftigen grünen Landschaften, die man oft mit der australischen Wollindustrie verbindet. Das sandige Stück Land mag auf das ungeübte Auge unscheinbar wirken, aber für einen leidenschaftlichen Schafzüchter wie Vandenberghe hat sich hier viel Potenzial gezeigt und langsam erntet er auch die Früchte seiner Mühen. Auf „Red Gully“ leben 7000 Merinoschafe, die eine luxuriöse Merinowolle mit durchschnittlich 18 Mikron liefern. Diese Wolle wird für Kleidung, die direkt auf der Haut getragen wird, sowie für edle Schneiderware verwendet. Aber es ist die Arbeit, die sich hinter den Kulissen der Produktion dieser Premiumfaser abspielt, die das Endprodukt so besonders bemerkenswert macht.
(Links) Dave Vandenberghe von Red Gully.
Einige Bereiche der sandigen Weiden von „Red Gully“ sind problematisch, weil sie keine Feuchtigkeit speichern und es fast unmöglich ist, hier Futterpflanzen für die Schafe anzubauen. Deswegen machte sich Vandenberghe daran, den Boden wiederaufzubauen, um auf dem Sandboden Futter anbauen zu können. „Die Mehrheit unserer Farmen besteht aus Lehmböden, was uns vor ziemliche Herausforderungen stellte, als wir „Red Gully“ gekauft haben“, sagt er. „Dreißig Prozent waren ziemlich abgetragen. Einige Bereiche waren gut, aber es gab viele Sanderosion und Flächen, die ertraglos waren. Ich glaube, meine Bank hat mich für ein bisschen sehr ambitiös gehalten“, sinniert er.
Dass die Erde kein Wasser speichern konnte, war das größte Problem. Der Boden bestand aus tiefen Sandschichten, die weder Feuchtigkeit noch Nährstoffe speichern können und nur sehr wenig organischen Kohlenstoff. Auf jeder Weide waren gute Erde, tiefer Sand und stark erodierte, abgetragene Flächen recht gleichmäßig verteilt, was das Beweiden und den Anbau von Feldfrüchten schwierig machte. Vandenberghe jedoch stellte sich der Herausforderung und wollte unbedingt sein Land und den Zustand der Umwelt verbessern. Der erste Schritt bestand darin, Bereiche des Weidelands zu identifizieren, bei denen der Sand tiefer als 700 Millimeter war, und diese Flächen so zu nivellieren, dass eine ebene Oberfläche entstand.
Schritt zwei bestand darin, Lehm mit einem sogenannten Carry-Grader zu verteilen. Dabei wurden zwischen 450 und 1000 Tonnen Lehm pro Hektar auf dem durch Winderosion abgetragenen Boden verteilt. Und in einem dritten Schritt wurde die Erde auf dem Weideland dann tief aufgerissen, um den Boden zu belüften. Dadurch soll die Verkrustung der Erdschicht aufgebrochen werden, damit die Pflanzenwurzeln bis in den Unterboden gelangen können. „Danach wird der Lehm bis zu einer Tiefe von 300 Millimetern eingearbeitet, um sicherzustellen, dass der Boden sowohl Feuchtigkeit als auch Nährstoffe aufnehmen kann. Auf dem so bearbeiteten Weideland wird dann Gerste ausgesät, um den Boden zu stabilisieren, um Winderosion zu verhindern und um hoffentlich einen Teil der Kosten wieder einzubringen. Im folgenden Sommer schließlich werden auf den Gerstenstoppeln Weidepflanzensamen gesät.“
Weil das Klima hier so mediterran ist, ist die französische Serradella die bevorzugte Weidepflanze. Die Hülsenfrucht bindet Stickstoff, sie schlägt tiefe Wurzeln und ist hartsamig. „Diese Pflanze eignet sich auch hervorragend als Weidefutter für die Merinoschafe und hat noch viele weitere gesundheitliche Vorteile für die Tiere. Serradella hält bis weit in den Sommer hinein durch und bleibt wesentlich länger grün als die meisten einjährigen Leguminosen. Mit ihren zwei Meter tiefen Wurzeln kann die Serradella auch in den tieferen Bodenschichten Dünger und Feuchtigkeit aufnehmen. Dadurch braucht sie von oben weniger Wasser. Leguminosen nehmen Stickstoff aus der Luft auf und erhöhen gleichzeitig den Kohlenstoffgehalt im Boden. So verbessert sich die Erde von Jahr zu Jahr und wird fruchtbarer.“ Nach und nach verwandelt Vandenberghe so die sandigen Weiden in fruchtbares Land. „Mein Ziel ist es, die gesamte Farm innerhalb von zehn Jahren fertig zu haben. Gerade sind wir in unserem dritten Jahr.“
Und obwohl die Bank Vandenberghe vielleicht tatsächlich für etwas sehr optimistisch gehalten hat, geben ihm seine Erfolge Recht, denn mittlerweile streifen seine Merinoschafe glücklich über die Weiden dieses neu belebten Stücks Land. Wie jeder andere australische Schafzüchter glaubt auch Vandenberghe, dass es wichtig ist, das Land in einem besseren Zustand zurückzulassen, als man es vorgefunden hat. „Es würde mir überhaupt nicht gefallen, zukünftigen Generationen abgetragene Böden zu hinterlassen. Wir müssen in unserer Landwirtschaft immer 20 Jahre vorausdenken. Es ist wirklich schwierig, unfruchtbare Erde in fruchtbare zu verwandeln und das Land wertvoller zu machen.
Aber dadurch ist das Land hier einfach viel besser, sowohl ökologisch gesehen als auch unter ästhetischen Gesichtspunkten. Ich könnte das Land einfach einzäunen und mich nicht weiter darum kümmern – aber ich weiß ja trotzdem, dass es da ist, und ich will es einfach wiederaufbauen. Das ist meine Herausforderung. Als Hüter dieses Landes will ich es für zukünftige Generationen verbessern. Die Welt blickt auf uns und wir müssen unser Bestes geben. Wir machen hier etwas sehr Positives und beweisen, dass es möglich ist, den Boden so zu bearbeiten, dass er in Zukunft wieder fruchtbar ist.“

Vandenberghe ist stolz auf das, was er tut, und auf die feine Wolle, die er produziert. Er ist von dem unendlichen Potenzial dieser Faser aus tiefstem Herzen überzeugt. Die australische Merinowolle ist100 % natürlich, erneuerbar und biologisch abbaubar. Designer auf der ganzen Welt lieben diese Wolle, da sie für sie so etwas wie eine leere Leinwand darstellt. Das Material ist wunderbar weich und fühlt sich angenehm auf der Haut an, es reguliert die Feuchtigkeit, hemmt Gerüche und besitzt eine natürliche Dehnbarkeit. Keine andere Faser, sei sie natürlich oder synthetisch hergestellt, kommt an die Vorteile heran, die Wolle bietet. Dadurch ist Wolle das ultimative Material für Luxus- und Funktionsbekleidung.
„Australische Merinowolle ist wirklich einmalig. Wir haben die beste Wolle der Welt. Meiner Meinung nach sollten alle die Merinowollproduktion mit anderen Augen betrachten. Die Wolle ist so viel besser für die Umwelt als die Kunststoffkleidung, die wir tragen. Merinowolle trägt sich gut und wird langsam immer mehr zu einem Basic der heutigen Mode. So gesehen liefern die bei uns lebenden Schafe nicht nur ein umweltfreundliches Produkt, sondern tragen selbst zur Verbesserung der Umwelt bei. Das ist eine Win-win-Situation für Schafzüchter, Umweltschützer und die Modeindustrie.“